Schwule und Lesben in der Serie The Big Bang Theory

 

The Big Bang Theory (dt.: Die Urknalltheorie) ist eine US-amerikanische Sitcom, die seit 2007 ausgestrahlt wird und hauptsächlich von vier jungen intelligenten Physikern und der Kellnerin Penny handelt. Die vier Freunde verbindet eine große Leidenschaft für Comics, Science-Fiction, Computerspiele und Wissenschaften und sie sind Nerds, Menschen mit einem hohen Fachwissen, die aber im zwischenmenschlichen Umgang diverse Probleme haben.

Der Umgang mit Homosexualität in The Big Bang Theory ist für neuere US-Comedy-Serien in mehrerer Hinsicht typisch. Das fängt bei der Quantität der Szenen an: In den ersten 100 Folgen dieser Serie sind ca. 60 lesbische bzw. schwule Szenen zu finden, von denen mit ca. 10 % nur ein kleiner Teil weibliche Homosexualität behandeln. Schwule Themen scheinen für das Autorenteam einen deutlich höheren Reiz zu haben, was wohl u.a. damit zu tun hat, dass Lesben weniger gesellschaftliche Relevanz unterstellt wird.

Die meisten schwulen Szenen stehen in Verbindung mit dem Verhältnis zwischen Raj und Howard. Raj wird von Leonard zu Recht als sexuell ambivalent bezeichnet und es wird regelmäßig darauf angespielt, dass er schwul oder bisexuell sein könnte. Mit einer gewissen Art von Unklarheit wird in Fernsehserien gerne gespielt, wenige aus Mut vor eindeutig lesbischen bzw. schwulen Figuren, sondern weil undurchsichtige Figuren spannender sind.

Fast alle lesbischen Szenen stehen mit der intelligenten Neurobiologin Amy Farrah Fowler in Verbindung, die ebenfalls als Nerd dargestellt ist. In der vierten und fünften Staffel hat Amy ein zunehmend sexuelles Interesse an Sheldon und Penny. Amy bekommt von Penny ein Kompliment und fragt diese unvermittelt: Bist Du eine Homosexuelle? Nach dem Nein wirkt sie fast enttäuscht: Es wäre schmeichelhafter, wenn du homosexuell wärest (4/1). Während ihre Beziehung mit Sheldon stets platonisch bleibt, möchte sie sich bei Penny an harmlosen lesbischen Experimenten beteiligen (4/8) und sucht sie in ihrem Schlafzimmer auf. Später versucht Amy mit ihr das küssen aus und singt den Song I kissed a girl and i like it von Katy Perry (4/21). Als sie Penny sagt, dass sie bessere Chancen als Leonard bei ihr hat zwinkernd sie ihr dabei mit einem aufgemaltem Schnurrbart zu (5/3). In der Frauenclique fühlt sie sich wohl. Bei Bernadette erkundigt sie sich nach den Hochzeitsvorbereitungen, aber nicht als potenzielle Brautjungfer. Nimm mich, nimm mich (5/4) und als gemeinsames Spiel schlägt sie vor: Wir spielen Team Trikot gegen oben ohne. Ich bin Trikot, erster (5/10). Mit ihrer experimentierfreudigen und unbeholfenen Art, sich selbst und Penny sexuell zu entdecken, wirkt Amy recht pubertär, Szenen mit ihr sind aber dennoch sehr unterhaltsam. Solche und ähnliche Szenen über Homosexualität sind – typisch für neuere Comedy-Serien – nicht frei von Klischees, aber frei von Diskreditierung. Bei The Big Bang Theory leben die Szenen vor allem vom Sprachwitz und gehen visuell – auch bei den Männern – nicht über gleichgeschlechtliche Küsse hinaus, der seit den 90er Jahren auch im US-Fernsehen nichts Besonderes mehr sind. Auf verbaler Ebene sind schwule und lesbische Szenen insgesamt zurückhaltend. Nur selten wird wie bei Raj und Howard vorsichtig auf Analverkehr Bezug genommen, wenn z.B. Raj von zwei Villen träumt, mit einem Geheimtunnel von Deinem Vorgarten zu meinem Hinterngarten, woraufhin Howard alleine duschen möchte (4/12).

Weitere lesbische Szenen behandeln die Frage, ob Peppermint Patty von den Peanuts lesbisch ist (2/3) oder handeln – ebenfalls nicht unüblich – von dem heterosexuell-männlichen Interesse an Sex mit mehreren Frauen, z.B. einem Porno mit Hillary Clinton und Oprah [Winfrey] (3/20). Die Einarbeitung von popkulturellen Referenzen, das heißt Szenen, die sich auf Prominente, Lieder, Filme und andere Serien beziehen, ist mittlerweile durchaus typisch für das Genre. Ebenfalls typisch für Serien ist die Arbeit mit prominenten Gaststars, bei denen vor allem Fans von Science Fiction auf ihre Kosten kommen. So treffen sich in der für den Zuschauer sichtbaren sexuellen Phantasie von Howard in seinem Schlafzimmer nicht nur seine Freundin, sondern auch Katee Sackhoff (Kara Thrace aus Battlestar Galactica) und der offen schwule George Takei (Sulu aus Star Trek-Classic) (4/4).

Lange Zeit war es üblich, lesbische und schwule Filmrollen auch mit Schwulen und Lesben zu besetzen. In Big Bang Theory gibt es (zum Glück) keinen offensichtlichen Zusammenhang zwischen den offen homosexuell lebenden Schauspielerinnen und Schauspielern und ihrer jeweiligen Rolle. Dass das Privatleben und die verkörperte Rolle nicht zwangsläufig zusammen gehören, wird auch bei den Darstellern deutlich. Die lesbische bzw. bisexuelle Rolle der Amy hätte man ebenso gut durch die ebenfalls als Nerd dargestellten Leslie Winkle darstellen können. Leslie wird von Sara Gilbert verkörpert, die seit 2010 offen lesbisch lebt. Jim Parson, der Darsteller von Sheldon Cooper, ist offen schwul und spielt in der Serie einen Hetero, während der heterosexuelle Kunal Nayyar die Rolle des sexuell ambivalenten Inders Raj verkörpert. Noch ein anderer interessanter Hintergrund zur Serie: Der Produzent Chuck Lorre unterstützt die Homo-Ehe, was aus einer Chuck Lorre Productions-Info in einem Abspann hervorgeht (2/10).

Auch wenn es noch keine eigene lesbische oder schwule Folge gab, ist The Big Bang Theory auch unter dem Aspekt von Homosexualität beachtenswert. 

Einzelne Szenen wurden bei Youtube online gestellt. Siehe hier 16 schwule Filmszenen; Siehe hier lesbische Filmszenen