Rick Silardi in der Serie Hooperman – ein schwuler Serienheld der 80er Jahre im Schatten von Steve Carrington und Carsten Flöter

Vor rund 25 Jahren – am 23. September 1987 – wurde in den USA zum ersten Mal die heute nahezu vergessene US-Krimiserie Hooperman (Dt.: Inspektor Hooperman) ausgestrahlt. Es ist keine typische Krimi-Serie, sondern gehört zur spannenden und unterhaltsamen Genremischung des Dramedy. Die Nebenfigur des gegenüber seinen Kollegen offen schwulen Polizisten Rick Silardi ist beachtenswert, weil sie ohne jede Klischees auskommt. Wenn Wikipedia schreibt, dass es sich dabei um ein frühes, gelungenes Beispiel für einen schwulen Serien-Charakter handelt, ist das für die 80er Jahre eigentlich noch untertrieben. Rick Silardi ist Sympathieträger und versieht seinen Dienst wie alle anderen Kollegen von ihm. Wenn ein Kollege ausnahmsweise doch gegen Schwule und Frauen bei der Polizei poltert wird schnell klar, dass er damit nur sich selbst diskreditiert (Folge 2). Eine Umpolung – wie es seine Kollegin Maureen „Mo“ DeMott versucht (Folge 1) – zeigt sich schnell als erfolglos, auch deshalb, weil Silardi so bleiben möchte wie er ist. In seinem Berufsalltag hilft Silardi sogar einem anderen Schwulen bei seinen familiären Problemen (Folge 11). 2 Min. Link zu Youtube  

Den Konflikten zwischen Silardi und seinem (heterosexuellen) Zwillingsbruder Bobby widmet die Serie sogar eine eigene schwule Folge. Bobby schlägt einen Mann zusammen, weil er für schwul gehalten wird. Nicht der Schwule, sondern der Hetero kommt hier mit dem Gesetz in Konflikt und Silardi hilft ihm. 13 Min. Link zu Youtube

Auch mit Trans-Personen wird fair umgegangen. Rudi als tuntiger und extrovertierter Nachbar des Protagonisten Harry Hooperman ist regelmäßig zu sehen und erinnert ein wenig an Divine. Wenn sich dieser über das Fehlen der Make up-Beleuchtung über dem Waschbecken ärgert (Folge 2), seinen neuen Schmuck präsentiert (Folge 22) und sich über diese Heteros wundert (Folge 24) macht sich niemand über ihn lustig, sondern er ist Teil der Hausgemeinschaft von Hooperman und Teil des Lebens in San Francisco. Als Transvestiten ermordet werden, kleiden sich Hooperman und sein Kollege aus ermittlungstaktischen Gründen als Frauen. Transvestiten werden aber dennoch nicht nur als exotische Kulisse missbraucht, sondern ein zusammengeschlagener Transvestit wird als Familienvater portraitiert, dem es zu helfen gilt (Folge 26). 5 Min. Link zu Youtube 

Ein anderer Mann, der durch Hooperman in den Knast gekommen ist, wird sich erst dort bewusst im falschen Körper zu stecken. Nach einer erst zum Teil durchgeführten Geschlechtsoperation gibt er Hooperman zum Dank einen Kuss. Für seine Zeit eine mutige Szene (Folge 15). 3 Min. Link auf Youtube

Auf dem Höhepunkt der allgemeinen AIDS-Hysterie erschien 1987 eine engagierte Folge gegen die Angst vor AIDS (Folge 9). Als der Ex-Häftling Danny Welles sich im Knast beim schwulen Sex mit dem HI-Virus infiziert, vermittelt ihm Hooperman einen Platz in einem Heim für AIDS-Kranke. Doch Danny wird erneut straffällig, von der Polizei erschossen und stirbt in den Armen von Hooperman. Ihre körperliche Nähe unterstützt die Botschaft der Folge, dass man sich durch beiläufige Kontakte nicht infizieren kann. Dennis Christopher als Darsteller von Danny Welles ist kein Unbekannter und hatte auch in Filmen wie It´s my Party (1996) schwule Rollen verkörpert.[Anbei ein 14 Min. Zusammenschnitt von dieser Folge auf Youtube]

In den 80er Jahren boten nur wenige Fernsehserien wie Hooperman einen vernunftgesteuerten Umgang mit HIV/AIDS und positive Darstellungen schwuler Männer an. Zwei andere Serienschwule waren dabei stets präsenter als der schwule Polizist Rick Silardi. Da ist die nur bedingt emanzipatorisch angelegte Rolle des bisexuellen Steve Carrington aus dem Denver Clan (1981-1989). Den ersten Serienschwulen im deutschen Fernsehen gab es ab 1985 mit Carsten Flöter von der Lindenstraße. Die Diskussion um einen Kuss von ihm – 1987 der erste schwule Kuss in einer Fernsehserie – zeigte deutlich die Grenzen des Darstellbaren auf. Der Mainstream war weit davon entfernt, Schwule auch in ihrer banalen Alltäglichkeit zu zeigen. Schwule suchten in dieser Zeit nach Möglichkeiten der Identifikation, sie suchten nach Schwulen, die weder ermordet wurden oder sich das Leben nehmen mussten. Bis in die 80er Jahre hinein bestand die öffentliche Wahrnehmung in einer Mischung aus Tabuisierung und Diskriminierung. Nur in ganz seltenen Fällen gab es schon in den 70er Jahren Fernsehserien, die sich engagiert für Schwule einsetzten. So wird sich in M*a*s*h (Folge: Der werfe den ersten Stein; 16.02.74) für einen Soldaten eingesetzt, der wegen seiner Homosexualität unehrenhaft aus der Armee entlassen werden soll. In Starsky and Hutch (Folge: Niemand wusste es; 15.10.77) wird der schwule Polizist Blaine ermordet, aber der Täter zu Unrecht in der schwulen Szene vermutet. 45 Min. Link auf Youtube in vier Teilen: Teil 1; Teil 2; Teil 3 und Teil 4 verteilt auf  ;  

Solche schwulen Folgen waren die Ausnahme. Es ist schade und rätselhaft, warum nicht auch die weitgehend emanzipatorisch angelegte Serie Hooperman – früher und heute – mehr Beachtung bekam. Es liegt vermutlich auch daran, dass es die 42 Episoden von 1987-1989 nicht auf DVDs zu kaufen gibt. Einzelne nun bei Youtube eingestellte Szenen können aufzeigen, wie eine Serie bereits in den 80er Jahren viel schwule Normalität aufzeigte.