Star Trek – Deep Space Nine

Nach einem Unfall in ihren Shuttle tritt Major Kira ihr bisexuelles Ebenbild im Paralleluniversum und wird von ihr lasziv umworben (DS9 43). Die Idee eines Paralleluniversums ist nicht neu und wurde bereits mit anderen Crews (Cl 33, TNG 163) umgesetzt. In allen drei Fällen wurde das Paralleluniversum als moralisch verkommener und schlechter dargestellt. Ob dies zur Beurteilung der Darstellung von Homosexualität in dieser DS9-Folge eine Rolle spielen sollte ist schwer zu beantworten. Das Thema einer bisexuellen Major Kira wird dabei in den anderen Deep Space Nine-Folgen mit einem Parallel- bzw. Spiegeluniversum wiederholt aufgegriffen (DS9 162, DS9 132). Den Produzenten ist dabei vorzuwerfen, dass sie lesbische Liebe als ausschließlich narzisstische Liebe interpretieren und in einem Bereich außerhalb der eigentlichen Star Trek-Realität abschieben.

In einer weiteren Folge (DS9 78) geht es 1995 um zwei sich liebende Frauen: Jadzia Dax und Lenara Kahn. Beide gehören als Trills einer Spezies von Lebewesen an, in der Reinkarnation selbstverständlich ist. Nachdem sie im vorigen Leben eine Beziehung als Mann und Frau hatten, treffen sie sich als zwei Frauen wieder und stellen fest, dass sie sich immer noch lieben. In der Trill-Gesellschaft ist es jedoch verboten, eine Beziehung in einem nächsten Leben fortzusetzen. Die Wiedervereinigung in einem nächsten Leben wird hier als das eigentliche Problem dargestellt. Dass diese zwei Personen zufällig zwei Frauen sind, spielt dabei keine Rolle. Es ist die positivste und direkteste Auseinandersetzung mit Homosexualität in Star Trek. Zwischen beiden Frauen ist ein Zungenkuss zu sehen. Dieser Zungenkuss wurde später – in Zeitlupe neu inszeniert – unter dem Titel Alien Kisses (Kanada, 1998, 3 Min.) zu einem separaten Kurzfilm montiert, der u.a. auf den Hamburger lesbisch-schwulen Filmtagen 1999 zu sehen war. Die Folge ist mutig, wäre aber mit einem schwulen Paar bestimmt nicht möglich gewesen. Es ist so, wie man es sich wünscht: Homosexualität ist das Thema, aber nicht das Problem. Auch in anderen Folgen werden Jadzias Beziehungen mit Frauen aus ihren vorigen Leben aufgegriffen (DS9 105), auf die ihr Mann Worf eifersüchtig reagiert.

Ein interessantes Lebewesen ist Odo, dem Sicherheitschef von DS9, der als Wechselbalg jede beliebige äußere Form annehmen kann. Wenn er jedoch bei seinem Volk lebt, geht er mit den anderen eine sogenannte Verbindung ein – eine Art sexueller Akt, bei dem sein Volk geleeförmig zu einem Wesen verschmilzt. Als er sich auf DS9 mit einem anderen männlichen Formwandler verbindet, hat dies – auch gestützt durch entsprechende Dialoge – durchaus homoerotische Züge (DS9 164). Das zeigt auch eine spätere Reaktion von ihm auf dem Promenadendeck, als er sich nicht öffentlich mit ihm verbinden möchte.

Humoristische Szenen sind vor allem in Verbindung mit Ferengis zu sehen. In einer Folge lernen wir eine Ferengi-Frau kennen, die sich als Mann verkleidet, um beruflich erfolgreich zu sein. Hier gibt es die für das Thema typischen Verwechslungssituationen. Wegen eines Zufalls muss die das Bett mit dem männlichen Ferengi Quark teilen, der sie natürlich für einen Mann hält. Nach einem Gespräch zwischen Quark und dem vermeintlichen Mann (Es ist warm hier – Das kommt vom Wein – Das hoffe ich) gesteht er/sie ihm seine/ihre Liebe, Kurz vor dem Sex (mehr komödiantisch als romantisch inszeniert), platzt jedoch jemand in das Zimmer hinein, der davon ausgehen muss, zwei männliche Ferengi beim Sex gestört zu haben (DS9 27). Insgesamt eine Folge, in der es eher um die Gleichberechtigung von (Ferengi-)Frauen als um Homosexualität geht. In anderen Folge verkleidet sich (der männliche) Quark als weibliche Ferengi (DS9 147) bzw. lässt es freiwillig zu, dass eine Frau zeitlich befristet seinen Körper übernimmt (DS 71). Diese Übernahme des Körpers durch das andere Geschlecht bildet hier eine interessante Weiterentwicklung zu dem gleichen Thema, dass auch schon bei Classic beschrieben wurde. Der Humor bei Ferengis – im Vergleich zu dem subtilen Humor bei Data aus TNG – ist eher oberflächlich. Die Frage Wollen sie mich heiraten? (DS9 124), die ein Ferengi an Captain Sisko stellt, entpuppt sich schnell als lustiger Versprecher und wirkt ebenso wenig schwul, wie die Äußerung des Waffenhändlers Hagath an den Ferengi Quark Ich liebe sie (DS9 116). Auffallend an dieser Szene ist allenfalls, dass ihm der Waffenhändler dabei – vermutlich ohne sich dessen bewusst zu sein – an seinen erogensten Körperteilen, den Ohren, anfasst. (Eine ähnliche Szene mit einem gleichgeschlechtlichen Griff an die Ohren sieht man übrigens auch in der folge DS9 62). Zu solchen Ferengi-Humor passt es, wenn in der Verabschiedungsszene der letzten Folge von Quark und Odo sehr pathetisch von der Liebe zwischen den beiden die Rede ist (DS9 176). Wenn diese ironischen Szenen mit Homosexualität assoziiert werden, wirken sie allenfalls so, als würde man sich lustig machen und sind daher vom Prinzip eher als homophob einzustufen.

An der Grenze zwischen heterosexueller und homoerotischer Männerfreundschaft bewegen sich einzelne Szenen, die die Freundschaft zwischen Miles O’Brien und Bashir behandeln. In einer Szene wünscht sich Miles, dass seine Frau ein Mann wäre, um so mehr gemeinsame Interessen zu haben (DS9 76). Bashir wiederum gibt offen zu, dass er Miles mehr mag als seine Frau (DS9 173). Bei einem Kneipengespräch mit Freunden wird zunächst darüber gesprochen, dass Männer Probleme haben, zu ihren Gefühlen zu stehen. Das Gespräch wird damit beendet (und ins Lächerliche gezogen), als Miles O’Brien seinen Freund Bashir dazu auffordert das nächste Getränk zu bezahlen um ihm somit seine Liebe zu zeigen (DS9 155).