Star Trek – The next Generation

Die Darstellung von schwulen Stereotypen behielt auch in der Nachfolge-Serie ihre Bedeutung. In der Serie wurden nun nicht mehr nur Rand- oder Nebenfiguren mittels Homosexuellen-Klischees dargestellt, sondern auch Hauptfiguren. Der Kuriositätensammler Kivas Faje (TNG 70) entführt den Androiden Data, um mit ihm seine Kuriositätensammlung zu bereichern. Wie ein amerikanischer Dirk Bach tänzelt er um ihn herum und äußert frei seine Begeisterung für seine Eroberung. Sie wurden hierher gebracht um mir Freude zu machen. Schließlich fordert er Data auf, dass er sich ausziehen soll Ich persönlich würde es nett finden, wenn sie nackt rum liefen. Da sich Data nicht ausziehen möchte, löst Fajo Datas Uniform mittels einer Säure auf und zwingt ihn so, sicht nackt zu zeigen. Mit dem Gewalt-Aspekt erhielt die ganze Szene eine negative Sicht auf Homosexuelle. Auch der Bordfriseur Herr Mott, eine dreimal auftretende Nebenfigur (TNG 85, 103, 131) wirde als homosexueller Stereotyp dargestellt. In seinen kurzen Auftritten fällt neben seinem Beruf vor alle seine hohe, effeminierte Stimme auf. Dies bezieht sich sowohl auf die US-amerikanische Originalfassung, als auch auf seine drei unterschiedlichen (!) deutschen Synchronstimmen. Die körperliche Ausgestaltung des Bordfriseurs – er ist dick und hat eine blaue Hautfarbe – zeit eine auffallende Parallele zu den beiden schwulen Klischee-Figuren aus der Classic-Serie, dem Gesandten Petri (grüne Hautfarbe) und dem Tribbel-Verkäufer (dick). Beide Zuschreibungen sollten offenbar für den Humor und eine Entsexualisierung der jeweiligen Figuren sorgen.

Wann fängt bei dem Thema Geschlechterrollen bzw. einem Wechsel der Geschlechter ein schwules Thema an? Wenn sich ein Wesen von einem Mann in eine Frau verwandelt, um dann (im Rahmen eines Experimentes) mit Captain Picard anzubändeln (TNG 154), muss es nicht immer schwul wirken. Eindeutigere Situationen mit einem Wesen, das seine äußere Erscheinung wechseln kann, gibt es aber mit dem gottgleichen und mächtigen Wesen namens Q. Dieser hinterfragt kritisch die Handlungen der Menschheit, er tritt teilweise als Freund (TNG141), teilweise als Feind (TNG 10) der Menschen auf und seine Auftritte haben oft etwas Ironisches. In Verbindung mit Picard gibt es einige doppeldeutige und homoerotische Situationen. Er sucht betont oft auch die körperliche Nähe zu ihm und wünscht sich sogar einen Begrüßungskuss (TNG 94). In derselben Folge läuft er ihm bin in sein Schlafzimmer hinterher. Q weiß, dass eine starke psychische Nähe mit einer starken Verletzlichkeit verbunden sein kann – eine Art von Verletzlichkeit, die bisher bei Picard nur von Frauen erreicht wurde. Q – als jemand, der jede Gestalt annehmen kann – tritt von hinten an Picard heran und flüstert ihm ins Ohr: Wenn ich das früher gewusst hätte, hätte ich sie als Frau aufgesucht (TNG 94). In einer ähnlichen Szene (TNG 141) wacht Picard morgens auf, Q krault zärtlich sein Ohr und spricht ihn mit Guten Morgen Schätzchen an. Anschließend kommt es zu einem doppeldeutigen Dialog. Q fragt Picard: Und, fühlen wir uns jetzt schuldig? Diese Frage lässt mehrere Deutungen zu; auch bleiben Die Schuldfrage kann sich u.a. auf eine sexuelle Handlung zwischen Picard und Q beziehen, wobei das Geschlecht, das Q dabei angenommen hatte, ungewiss ist. Über das, was in dieser Nacht passiert ist, bleibt der Zuschauer im Unklaren. Die Szene davor deutet ein sexuelles Erlebnis mit einer Frau an.

Homosexualität wurde in zwei Folgen ansatzweise in einem emanzipatorischen Sinne thematisiert. In der Folge Botschafter Odan (TNG 97) verliebt sich die Schiffsärztin Beverly Crusher in den Botschafter Odan. Odan, der zu einer symbiotischen Spezies gehört, benötigt, um zu leben, einen menschenähnlichen Wirtskörper, dabei sind Wechsel der Wirtskörper (einschließlich des jeweiligen Geschlechtes) üblich. Als Odan zunächst in einen anderen Mann übertragen wird (Riker) kann sie ihre Liebe auf einen anderen Körper übertragen, weil sie ja das Wesen in diesem Körper liebt. Als jedoch Odan später in eine Frau übertragen wird, kann Crusher ihre Liebe nicht mehr an dem inneren Wesen von Odan festmachen und damit das äußerlich weibliche Geschlecht ignorieren. In der Schlussszene bedauert sie ihre Unfähigkeit zu einer lesbischen Beziehung mit den Worten: Vielleicht ist irgendwann unsere Fähigkeit zu lieben nicht mehr so begrenzt.

In der Folge Verbote Liebe bzw. Outcasts (TNG 117) wird indirekt auf Homosexualität Bezug genommen. Paramount erklärte zu dieser Folge, dass Parallelen zu der gesellschaftlichen Situation von Schwule und Lesben beabsichtigt waren. Die Folge behandelt eine Gesellschaft von Zwitterwesen, in der jedoch jede Art von Sexualität verboten ist und bei jedem einzelnen Lebewesen weder das eine noch das andere Geschlecht dominieren darf. Der Zwitter Soren weicht jedoch davon ab, fühlt sich eher als Frau und verliebt sich in Commander Riker. Sie/er gesteht ihm gegenüber ihre/seine Gefühle. Gemeinsamer Sex wird angedeutet. Als Folge dieses gesellschaftlichen Verstoßes muss sich Soren vor Gericht (das als Stellvertreter für die Gesellschaft fungiert) für ihre/seine krankhafte und anormale Sexualität verantworten. Was nötig wäre und was alle, die genauso sind wie ich, brauchen würden, ist euer Verständnis und euer Mitleid […] Mit welchem Recht glaubt ihr diktieren zu können, wie zwei Personen sich lieben dürfen. Im Anschluss an die Gerichtsverhandlung wir sie/er durch eine Operation geheilt. Diese Heilung erinnert an die medizinischen Eingriffe der Kastrationen, durch die diverse Gesellschaften glauben, sie vor sexuellen Abweichungen schützen zu können. In dieser Folge ist leider keine deutliche Positionierung gegen solche Operationen spürbar und wohl auch deshalb von den Trekkies nicht positiv aufgenommen worden. Zu deutlich war der Appell an das Verständnis und das Mitlied, die eine selbstbewusste gay community, wenn überhaupt, nur als oberflächlicher Toleranz einstufen musste. Die Halbherzigkeit des Unternehmens zeigt auch die Tatsache, dass eine ursprünglich geplante Szene, in der zwei Männer Hand in Hand gehen, gestrichen wurde. Auch bei der Wahl der Schauspielerinnen fehlte es an Mut. Die gezeigten angeblichen Zwitter – vor allem die Szene im Gerichtssaal – zeigen erkennbar nur Frauen mit kurzen Haaren. Selbst der Darsteller von Riker, Jonathan Frakes, hatte sich eine/n männlicheren Soren gewünscht (Männer aktuell Juni 1996).

In Bezug auf Geschlechterrollen und Männer in Frauenkleidern sind einzelne Szenen beachtenswert. Sicherheitschef Worf kritisiert seine Ausgehuniform als zu feminin und ist peinlich berührt, in einem Kleid herumzulaufen. Riker hält dies nicht nur für eine veraltete Einstellung, sondern sogar für sexistisch (TNG 154). Man kann dies als eine Weiterführung des Themas aus Classic begreifen, wo auch der Schottenrock von Scotty (Cl 60) die Funktion erfüllen sollt ein wenig zu befremden. Wegen seinen Problemen mit dem menschlichen Humor nimmt der Androide Data Nachhilfeunterricht in Sachen Humor und kommt zu dem Schluss, dass u.a. transvestitenhafte Verkleidungen komisch wirken (TNG 30). In einer späteren Folge (TNG 134) führt ein Defekt in seinen Schaltkreisen dazu, dass er sich den Fummel einer Wildwest-Dame anzieht und sich zärtlich an die Brust des sichtlich angewiderten Klingonen-Machos Worf schmiegt. Die gelungene Komik der Darstellung lässt einen fast vergessen, dass hier Homosexualität mit einem technischen Defekt gleichgesetzt wird. Eine komische Figur wie Data – als Roboter eigentlich ohne Geschlecht und mit viel subtilen Humor ausgestattet – durfte eher gesellschaftliche und sexuelle Konventionen verletzten als eine Autoritätsperson wie Jean Luc Picard als Captain der Enterprise. Vielleicht um sich von seinem Image als Captain zu lösen, hatte Patrick Stewart – der Darsteller von Picard – in dem Spielfilm Jeffrey (USA, 1995) eine schwule Nebenrolle angenommen. Auf heftige Proteste, dass diese schwule Rolle nicht zu seinem Image als Captain der Enterprise passe, äußerte Stewart souverän, dass er auf homophobe Fans verzichten könne. In diesem Zusammenhang wünschte er sich auch, dass im achten Kinofilm (Der erste Kontakt, 1996) andere Formen der Sexualität ihren Platz erhalten sollten (Männer aktuell Juni 1996). Ein Wunsch, der jedoch nicht erfüllt wurde. Im neunten Spielfilm (Der Aufstand, 1998) – die ebenfalls mit der The Next Generation-Crew gedreht wurden – gibt es nur eine bemerkenswerte Szene. Als Riker auf seine Bartrasur hinweist, betont er gegenüber dem Androiden Data, dass sich seine Haut glatt wie ein Androidenpopo anfühlt.